Ausgegraben und verschwitzt

Ich habe die Wüste immer geliebt. Man setzt sich auf eine Sanddüne. Man sieht nichts. Man hört nichts. Und währenddessen strahlt etwas in der Stille.

Antoine de Saint-Exupéry aus „Der kleine Prinz“

Unsere Route in Kolumbien führte uns hintereinander an zwei spezielle Ort: Die umfangreichen Ausgrabungen zu einer präkolumbianischen Kultur in San Agustín mitten in wunderbarer Berglandschaft und in die heisse und trockene Tatacoa-Wüste mit ganz spezieller Landschaft und Vegetation.

Wieder einmal beginnen wir mit der Busfahrt: Der Weg von Popayán nach San Agustín führt durch einen Nationalpark und dort ist zwar ein Ausbau der Strasse geplant, aber wir durften eine der schlechtesten Strassen geniessen, die wir je erlebt haben. Da können unsere Feldwege einpacken. Über fast zwei Stunden ging es so mit gefühlt 5 km/h dahin. Der Rest der über fünfstündigen Busfahrt war im Vergleich dazu eine regelrechte Entspannung.

Die vergessene Kultur

Unser Ziel San Agustín ist ein Bergdorf mit 34’000 Einwohnern im Südwesten Kolumbiens. Bekannt ist es wegen der zahlreichen Ausgrabungen zur San-Agustín-Kultur, die auch UNESCO-Welterbe sind. Die San-Agustín-Kultur war für mehrere tausend Jahre in der Region ansässig, verschwand aber schon vor dem Eintreffen der Spanier.
Schon das Fehlen eines eigenen Namens für das Volk (es trägt ja den Namen des viel später gegründeten Ortes) zeigt, wie wenig man über seine Geschichte weiss, da kein schriftliche Überlieferungen vorhanden sind.
Was aber in grosser Zahl vorhanden ist, sind über 400 Steinskulpturen und riesige Grabanlagen. Über mehrere archäologische Parks verteilt, stellt die Region eine der bedeutendsten Ausgrabungsstätten Südamerikas dar.

Die Steinfiguren standen jeweils vor den Grabanlagen der für die Gemeinschaft wichtigen Personen und könnten eine Art Grabstein gewesen sein. Die Gräber wurden aber komplett mit Erde zugedeckt, es war also nicht ein Friedhof nach unserem heutigen Verständnis.

Die Figuren sind vor allem am Kopf und rund um die Arme sehr ausgeprägt und detailliert, der Rest, vor allem im Beinbereich, fehlt teilweise komplett oder ist recht grob gestaltet. Tierische Bestandteile wie Jaguarzähne oder Schlangenteile sind sehr verbreitet und sollen wichtige Eigenschaften wie Stärke symbolisieren. Auch Waffen, Werkzeuge, Kinder, schwangere Frauen sind häufige Bestandteile. Manche Figuren trugen offensichtlich schwere, evtl. steinerne Masken, mit einem Holzpfahl gestützt werden mussten.

Viele Figuren sind entlang eines Pfades im dichten Wald ausgestellt. Andere befinden sich noch an ihrem ursprünglichen Fundort auf den terrassierten Hügeln. Der ganze archäologische Park ist wunderschön gelegen und sehr gepflegt.
Ein Adler mit einer Schlange im Schnabel.

Faszinierend sind auch die grossen, künstlich angelegten Grabstätten sowie die Tempelanlagen, die jeweils aus mehreren Kammern und aufgeschütteten Hügeln bestehen. Es wird angenommen, dass auch weiter entfernte Kulturen Südamerikas prominente Tote zur Bestattung nach San Agustín brachten.

Der archäologische Park „Alto de los Ídolos“ hoch über den umliegenden Tälern.
Es wird vermutet, dass die äusseren Statuen Grabwächter sein könnten, in der Mitte die verehrten Gottheiten, die nicht mit unserem Verständnis von Religion vergleichbar sind. Erde, Sonne, Mond, Wasser und Tiere standen hier im Mittelpunkt
Der „Fuente de Lavapatas“ ist ein religiöses Monument, das in ein Flussbett gehauen wurde. Es umfasst mehrere Becken und viele Figuren. Es wurde vor 1937 entdeckt und ausgegraben.
Im Hintergrund der steinerne Sarkophag des Grabes. Die Gräber waren von grossen Erdhügeln bedeckt, die auf terrassierten Hügeln angelegt wurden. Viele Gräber wurden geplündert und teilweise zerstört. Es wird vermutet, dass bis jetzt nur ein kleiner Bruchteil der Anlagen ausgegraben wurde.
Auch Statuen von Krokodilen wurden gefunden, die Tom sehr gefallen.

Wir hatten beim Besuch des grössten archäologischen Parks auch extra einen Guide, der sich jedoch im Nachhinein (oder auch schon währenddessen) als nicht ganz verlässliche Quelle entpuppte. Luis wusste viel über damalige Gehirn- und Herztransplantationen, Fruchtbarkeitskult (die phallischen Statuen für den Penis als Ursprung des Lebens), Todeskult (regelmässige Menschenopfer) und Austausch mit Indien und Afrika (Elefantenelement in den Statuen) zu erzählen, was wir alles im Nachhinein nirgends verifizieren konnten.

Wir haben etwas ausserhalb des Städtchens in einem kleinen Bungalow logiert, was uns sehr sympathisch war.

Die Region entdecken

Die Gegend hatten aber auch landschaftlich einiges zu bieten, mit Bergen, Wasserfällen, steilen Tälern und Flüssen.

Der wunderschöne Wasserfall „Salto de Mortiño“ in der Nähe von Isnos.
Rund um San Agustín werden vor allem Kaffee und Zuckerrohr angebaut. Auch auf den steilsten Hängen mit deutlich über 45 Grad Steigung. Die Erne ist somit sehr aufwändig.

In den Gebirgen bei San Agustín haben auch die wichtigsten Flüsse Kolumbiens ihren Ursprung, wie der Río Magdalena, der bis in die Karibik im Norden fliesst.

Die Schlucht des Río Magdalena bietet ein schönes Fotomotiv.
Eine Kolumbianerin, die wir kennenlernten, hat uns ein Arepa con Queso (Maisfladen mit Käse) offeriert, eine echte Gaumenfreude.

Die weite Wüste

Auf das üppige grüne Berggebiet folgte die trockene, heisse und karge Wüste. Die Tatacoa-Wüste liegt 200 Kilometer südlich von Bogotá in der Nähe der Stadt Neiva. Eigentlich ist das Gebiet ein tropischer Trockenwald, aber für uns passt der Begriff „Wüste“ aufgrund der Farbe und Vegetation sehr gut.

Der eindrucksvollste Teil ist die „rote“ Wüste, daneben gibt es auch noch die „graue“ Wüste. Die drückende Hitze machte die eher kurze Wanderung durch die Wüste schnell anstrengend.

Früher ein Waldgebiet, trocknete die Landschaft immer mehr aus und bildete durch Erosion die welligen und canyonartigen Strukturen.
Die imposanten Riesenkakteen wie auch die speziellen lichten Bäumen.
Grössenvergleich

Ein wirklich beeindruckende Landschaft und auch eine willkommene Abwechslung im Landschaftsbild.
Da die Wanderung nicht klar ausgeschildert war, verwirrten wir uns in der Wüste mehrmals und mussten über mehrere Gesteinsformationen klettern. Wir hatten aber genug Wasser dabei und die Strasse war auch nie weit weg. Obwohl wir schon sehr früh am Morgen abmarschierten, war die Hitze bald unerträglich und wir kamen heftig ins Schwitzen.

Für einmal wurden wir nicht von einem Hahn sondern von einem Papagei geweckt, der die ganze Zeit „hola“ krächzte.
Unser Hostel war mitten in der Wüste und mit vielen Blumen geschmückt. Es regnet hier doch ab und zu.
Neben dem Tourismus ist hier die Ziegenhaltung weit verbreitet.

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Mit den beiden hier beschriebenen Stationen zeigte Kolumbien einmal mehr, wie abwechslungsreich und vielseitig das Land ist. Die Zeit in San Agustín war eine willkommene Auszeit in der Natur und die Wüste eine beeindruckende Erfahrung. Nach einem kurzen Übernachtungsstopp in Neiva ging es dann zu unserer letzten Station in Kolumbien, der Hauptstadt Bogotá.

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