Zu Besuch bei Einheimischen

Die Heimat des Abenteuers ist die Fremde.

Emil Gött

Auf der Insel Flores durften wir wieder das Reisen abseits der grossen Touristenströme erleben. In mehreren Dörfern konnten wir Einheimische zuhause besuchen und viel über ihr Leben erfahren. Auf dem Weg über die üppig grüne Insel standen neben traditionellen Dörfen auch heisse Quellen und farbige Vulkanseen auf dem Programm.

Mit der Insel Flores reisten wir weiter gegen Osten entlang des Feuerrings von Vulkaninseln im südlichen Indonesien. Wegen der 16 Vulkane hier bot sich immer wieder der Blick auf einen der spitzen Berge. Der Name „Flores“ (Blumen) kommt von den Portugiesen, die hier unter anderem den Katholizismus verbreiteten. Andere christliche Gebiete in Indonesien sind aufgrund der niederländischen Kolonialgeschichte hingegen protestantisch.

Nach hinduistischen Tempeln auf Bali und Moscheen auf Lombok prägten nun christliche Kirchen das Strassenbild.

Vor der Kolonialisierung war die Insel in mehrere kleine Reiche aufgeteilt. Auch heute noch haben die einzelnen Regionen eigene Sprachen und etwas unterschiedliche Kulturen behalten. So hatte jede unserer Stationen neben Indonesisch eine eigene lokale Sprache. Die Insel ist nicht dicht besiedelt, so dass wir durch viel grüne Natur fuhren.

Ein unerwarteter Ausflug

Auf Flores verbrachten wir wieder mehr Zeit in Minibussen und Sammeltaxis, die Fahrzeit zwischen den Orten war nämlich immer 4-5 Stunden. Die erste Station nach Labuan Bajo und Komodo war das Städtchen Ruteng. Eigentlich nur als Schlafstopp beworben, entschieden wir uns zum Glück für zwei Nächte und einem ganzen Tag hier. In unserem sehr einfachen Homestay wohnten wir bei Richardo und Linda. Linda bereite uns auch ein tolles Abendessen zu und dabei lernten wir die zwei Niederländerinnen Dhyana und Ananda näher kennen, die auch zwei Nächte hier verbrachten.

Beim Nachmittagsspaziergang holten wir uns frisch frittierte Bananen, in Indonesien eine der häufigsten Süssspeisen.
Das reichhaltige und sehr leckere Abendessen im Wohnzimmer der Familie mit Dhyana und Ananda.

Über mehrere Ecken und glückliche Zufälle fanden wir uns am nächsten Tag auf einem Roller wieder, gemeinsam mit den Niederländerinnen auf dem Weg in ein abgelegenes Dorf. Unser „Guide“ hiess Yuven, ein Englischstudent, der uns zu seiner Familie eingeladen hatte. Schon die Fahrt war ein Erlebnis, zuerst über einen Pass und dann hinab in eine Art Nebelwald, der unglaublich grün mit Riesenfarnen war.

Yuvens Dorf Nderu auf einer Anhöhe im Wald.

Zuerst stoppten wir, um die Arakherstellung anzuschauen. Arak ist der landestypische Alkohol, der hier aus Palmfrüchten hergestellt wird (in Bali hingegen aus Reis). Die Früchte werden am Baum „gemolken“, vergärt und dann destilliert. Obwohl das für manche Familien die Haupteinnahmequelle ist, werden immer noch die einfachsten Materialien verwendet. So brodelt ein normaler Topf über dem Feuer, über dem dann ein Bambusrohr nach oben platziert und mit nassen Bananenblättern abgedichtet wird. Der Alkohol fliesst dann weiter durch ein möglichst langes Bambusrohr schräg nach unten, damit er extra stark wird.

Die Palme mit den Früchten für die Arakherstellung.
Die einfache Apparatur zur Destillation, mit möglichst langem Bambusrohr (ca. 10 m) für starken Schnaps.

Bei Yuvens Vater mitten im Wald konnten wir dann das Ausgangprodukt probieren, das leicht vergoren an Most oder Cidre erinnerte.

Yuvens Dorf liegt auf einer kleinen Anhöhe mit ca. 10 Häusern. Seine Familie wohnt in ganz einfach Verhältnissen, so ist der Boden im Haus aus Erde und es gab keine Möbel oder andere Einrichtungsgegenstände. Gekocht wird über offenem Feuer. Wir trafen seine Mutter, Geschwister, Neffen und Nichten und andere Kinder aus dem Dorf. Alle waren unglaublich herzlich und Yuven übersetzte fleissig. Etwas unterhalb vom Dorf gibt es drei Wasserfälle, wo wir dann natürlich auch noch ins kalte Wasser eintauchten.

Yuvens Mutter am Kochen.
Yuven (ganz links), seine Familie und wir beim Mittagessen.
Die Mädchen beobachten Yuvens Mutter beim Kochen.
Am Abend besuchten wir noch den Markt in Ruteng.

Traditionell in Bajawa

Die nächste Station war Bajawa, der etwas touristischere Ort in der Mitte von Flores. Gemeinsam mit den Niederländerinnen buchten wir ein Sammeltaxi. Wir waren aber nicht die einzigen, was wir schnell realisierten, als unser Gepäck aufs Dach geschnallt wurde. Fünf Passagiere plus Fahrer hatten gut Platz, aber als dann noch ein Mann mit einem an den Füssen zusammengebundenen, lebenden Huhn in den kleinen Spalt zwischen uns kommen sollte, weigerten sich Ananda und David und zum Glück fuhr der Fahrer weiter.

Vom Hotel hatten wir am Morgen tolle Aussicht auf einen Vulkan.
Auf der Fahrt überholten wir immer wieder üppig beladene Motorräder, hier ein fahrender Gemüsehändler.

Rund um Bajawa gibt es mehrere traditionelle Dörfer, die Touristen empfangen. Wir fuhren mit einem Roller nach Bena, dem bekanntesten Dorf. Die Häuser bestehen aus hohen Strohdächern mit verhältnismässig niedrigen Wänden. Es gibt Häuser, die den weiblichen oder den männlichen Ahnen gewidmet sind, was mit einem Häuschen oder einer männlichen Figur mit Speer auf dem Dach symbolisiert wird. Eine Familie oder ein Clan hat ein Haupthaus.

Fahrt mit dem Roller mit Blick auf den Vulkan.
Das Dorf Bena.
Steinskulpturen und -gräber, die rituelle Bedeutung haben.
Ein Selfie durfte nicht fehlen.

Die Frauen sind hier vor allem am Weben und wollen natürlich auch ihre Ware verkaufen. Es werden verschiedene natürliche und chemische Farben verwendet und die Motive sind unterschiedlich komplex. Die aufwändig gewebten Sarongs (Tücher die wie Röcke getragen werden) sind entsprechend teuer und gehören zur Grundausstattung der Bewohner in der ganzen Region.

Der Empfehlung des Reiseführers folgend, spazierten wir zu einem weiteren traditionellen Dorf Tololela. Der Weg führte entlang der Strasse, die aber zum Glück nicht stark befahren war. Jedoch war es deutlich weiter als gedacht und ziemlich hügelig. Endlich angekommen, stellten wir fest, dass sich selten Touristen dorthin verirren, und es deshalb nicht mal Wasser zu kaufen gab, geschweige denn etwas zu essen. Wir bekamen trotzdem etwas Tee, konnten Bananen kaufen und uns mit Hilfe einer Übersetzungsapp mit dem Dorfvorsteher unterhalten. Auf dem Rückweg fanden wir dann einen kleinen Shop, wo uns die Besitzerin Fertignudeln zubereitete.

In Tololela waren sie gerade am Färben von Baumwollgarn mit Kurkuma.

Nicht weit entfernt waren auch heisse Quellen, die wir zur Entspannung nach den Wanderstrapazen nutzten. Hier fliessen ein ganz heisser und ein kalter Bach zusammen, so dass man angenehm verweilen kann und sich die Temperatur ein bisschen selber wählen kann.

Entspannen nach langer Wanderung.

Die Schweiz-Verbindung

Weiter gings wieder mit einer längeren, geteilten Autofahrt nach Moni. Das kleine Dörfchen ist vor allem als Ausgangspunkt für den Besuch der farbigen Kraterseen des Vulkans Kelimutu bekannt. Wir übernachteten in einem einfachen, aber ganz nettem Homestay. Überhaupt waren die Leute hier überall so freundlich, offen und herzlich. Man wird von allen Seiten gegrüsst, wenn man durch die Strassen spaziert.

Wunderschöne Reisterrassen begleiteten uns auch auf der Insel Flores.
Die Essensvielfalt hat seit Bali deutlich abgenommen, so sind wir immer wieder über Abwechslung zu Nasi und Mie Goreng (Gebratener Reis und Nudeln) froh, hier ein Gemüsecurry.

In Moni suchten wir uns einen Fahrer und gleichzeitig Übersetzer und fuhren in das Dorf Nggela. Hier kommen fast keine Touristen hin und wir hätten das Dorf auch nicht auf dem Radar gehabt, wenn da nicht unsere Nachbarin Willemijn aus Zürich wäre. Sie ist Ethnologin, u.a. als Professorin an der Universität Zürich. Einer ihrer Forschungsschwerpunkte war genau dieses Dorf hier. Sie lebte Ende der 80er Jahre insgesamt zwei Jahre hier und hat Nggela viele weitere Male besucht. Sie hat dabei für ihre Habilitationsschrift zu Themen wie Textilarbeit, Heirat und Gender geforscht.

Sie vermittelte uns den Kontakt zu Ibu Erna, die Willemijn noch als kleines Mädchen kennen lernte, als sie bei ihrer Familie wohnte. Von Ibu Erna und ihren Verwandten wurden wir herzlich empfangen und konnten mit Hilfe unseres Übersetzers viel über ihr Leben und das Dorf erfahren. Willemijn ist im Dorf sehr beliebt und mit dem Hinweis, dass wir Freunde von „Mama An“ (so ihr einheimischer Name) sind, wurden wir noch wohlwollender begrüsst. Willemijn organsierte auch ein Fundraising, als vor ein paar Jahren mehrere Häuser abbrannten. Voller Stolz und Dankbarkeit für die Unterstützung wurden uns die neuen Häuser gezeigt.

Zusammen mit Ibu Erna und ihrem Mann vor den traditionellen Häusern.
Auf der Veranda vor dem Haus mit Ibu Ernas Familie.

Die Menschen in Nggela gehören zur Lio-Kultur (mit eigener Sprache) und pflegen immer noch viele alte Bräuche, Rituale und Glaubensinhalte aus den ursprünglichen Religionen. Gleichzeitig sind sie aber christlich und verbinden diese Elemente. Ganz wichtig ist auch hier die Weberei, denn gemäss einer alten Abmachung haben Nggela und die benachbarten Dörfer darauf eine Art Monopol. Dafür praktizieren die höher gelegenen, fruchtbareren Regionen Landwirtschaft und die Produkte werden dann gehandelt.

Neue Freunde.

Am Nachmittag wurden wir in Moni dann auch noch auf der Strasse angesprochen und für ein „authentisches“ Abendessen gewonnen. Dort trafen wir dann ein australisches Paar, mit dem wir einen interessanten Abend hatten. Das Essen konnte leider nicht mit der Gesellschaft mithalten und war höchstens Durchschnitt mit sehr schlechter Präsentation und Service, vor allem weil dafür auch verhältnismässig viel verlangt wurde.

Die farbigen Seen

Natürlich liessen wir auch die Hauptattraktion, den 1’639 hohen Kelimutu-Vulkan nicht aus. Um 4.30 Uhr am Morgen ging es los mit meiner kurzen Autofahrt und dann einem halbstündigen Aufstieg im Dunkeln, damit wir den tollen Sonnenaufgang beobachten konnten. Oben befinden sich drei Kraterseen, die in unterschiedlichen, intensiven Farben leuchten. Wir mussten warten bis die Sonne hoch genug war, damit wir die Farben richtig erkennen konnten.

Sonnenaufgang über dem Vulkansee.
Je höher die Sonne, desto grüner die Seen. Links ist der zweite grüne See zu sehen.

Ein See war blau-schwarz und zwei waren grün. Das ändert sich aber immer wieder: Die Farben werden von den vulkanischen Gasen gesteuert, die den Oxidations-Reduktions-Status des Sees beeinflussen. So wechseln die beiden grünen Seen zwischendurch auf rot.

Der schwarze See.

Für die Einheimischen der Lio-Kultur sind die Seen die Plätze für die Seelen der Toten. Ein See für die Jungen, einer für die Alten und einer für die Bösen. Hier werden entsprechend auch Opfergaben dargebracht.

Den Rückweg nach Moni legten wir zu Fuss zurück. Die Wanderung durch den Nationalpark war wunderschön. Viele stattliche Bäume, riesige Farne und eine imposante Geräuschkulisse aus Vogelgezwitscher.

Wieder einmal Strand

Zum Abschluss unserer Reise von Westen nach Osten durch Flores verbrachten wir noch zwei Nächte an einem wunderschönen Strand am Meer bei Maumere.

Der wunderbare Strand und Garten und sehr vielen Details.

Fabelhaftes Flores-Fazit

Flores hat uns wirklich beeindruckt: einerseits durch die extrem grüne, üppige und wenig verbaute Landschaft. Noch stärker aber durch den Austausch mit den einheimischen Menschen und das Eintauchen in eine wirklich andere Kultur und Lebenswelt. Und natürlich hat die Herzlichkeit der Menschen auch zum sehr positiven Bild beigetragen. Nächster und letzter Stopp in Indonesien ist die Insel Sulawesi.

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