Wasser und Pesos ohne Ende

Die Hoffnung ist der Regenbogen über dem herabstürzenden Bach des Lebens.

Friedrich Nietzsche

Die spektakulären Iguazú-Wasserfälle im tropischen Norden Argentiniens zeigen eindrucksvoll die Kraft und Schönheit der Natur. Auf einer Breite von 2700 Meter liegen (je nach Wassermenge) über 300 Wasserfälle mit Höhen zwischen 60 bis 84 Meter und bieten ein tosendes Spektakel. Auch der argentinische Peso beschäftigt uns. Die spezielle Situation mit zwei unterschiedlichen Wechselkursen macht unsere Reise einerseits komplizierter aber auch günstiger.

Über Iguazú

Fast 1’300 Strassenkilometer von Buenos Aires entfernt liegen die Wasserfälle beim Dreiländereck Argentinien, Brasilien und Paraguay nahe der Kleinstadt Puerto Iguazú. Argentinien drückt sich hier noch mit einen schmalen Streifen zwischen die beiden Länder. Der Iguazú-Fluss inklusive der Fälle bildet dabei die nördliche Grenze zu Brasilien.

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Der Iguazú-Fluss mündet hier von rechts in den Paraná-Fluss. Wir stehen in Argentinien, rechts oben ist Brasilien und links Paraguay. Aktuell wird gerade eine neue grosse Brücke über den Paraná gebaut, die Brasilien mit Paraguay verbindet. Die Baustelle ist spektakulär.

Wir verbrachten drei Tage hier, die wir neben dem Erkunden der Fälle auch für eine kleinere Auszeit im tropischen Klima nutzten.

Die Wassermassen des Río Iguazú stürzen tosend in die Tiefe.
Unser Hotel hatte einen schönen Pool, der eine willkommene Abkühlung brachte.

Die Fälle sind logischerweise eine grosse Touristenattraktion und sowohl auf der brasilianischen wie auch auf der argentinischen Seite gibt es Nationalparks mit entsprechenden Besucherzentren. Wir beschränkten uns auf die argentinische Seite, da es dort deutlich mehr Aussichtspunkte und und Wanderwege gibt.

Der „untere Weg“ verläuft am weitesten weg und gibt eine gute Übersicht über die gesamten Fälle. Insgesamt erstrecken sich die Fälle über eine Breite von 2’700 Metern, wobei je nach Wasserstand unterschiedlich viele und starke Fälle vorhanden sind, womit sie die breitesten Wasserfälle der Welt sind.

Wo ist das Wasser?

Gleich am Anfang fiel auf, dass die Fälle deutlich weniger Wasser hatten als bei Toms ersten Besuch vor über 8 Jahren. Da er immer wieder davon geschwärmt und natürlich fleissig Fotos gezeigt hat, war doch etwas Enttäuschung da.

Die gleichen Wasserfälle, oben Dezember 2013, unten Februar 2022.
Auch hier wird deutlich, wie viel weniger Wasser der Río Iguazú akutell führt.

Offensichtlich erlebt die Region und das Einzugsgebiet des Flusses schon mehrere Jahre eine extreme Trockenheit mit sehr wenig Niederschlag, was natürlich Einfluss auf die Wassermenge hat. Schon jetzt führte der Fluss relativ wenig Wasser, obwohl die trockenere Jahreszeit erst noch beginnen wird. Das Positive für uns war aber einerseits, dass das Wasser viel schöner blau statt braun war, und andererseits der Teufelsschlund viel beeindruckender war, da die Gischt nicht alles überdüngte (unten mehr dazu).

Der „obere Weg“ verläuft dann entlang eines Teils der oberen Kante der Wasserfälle, wo aber nicht die Hauptfälle sind. Hier war aber auch klar erkennbar, dass normal mehr Wasser fliesst, bzw. einige angeschriebenen Fälle gar nicht da waren.

Entlang der Wege konnten wir auch Affen beobachten, die bei den Picknickstellen versuchten, das eine oder andere Sandwich eines Touristen zu ergattern.
Auch die Nasenbären (Coatis) waren auf der Suche nach Nahrungsresten der Touristen.

Der Teufelsschlund

Der absolute Höhepunkt des Besuchs war der Garganta del Diablo oder Teufelsschlund. Dieses Wasserfallsystem liegt am Ende einer 150 m breiten und 700 m langen Schlucht und stürzt dort in einem Halbkreis in die Tiefe.

Zuerst spaziert man längere Zeit auf Stegen über die ruhige, riesige Wasserlandschaft des Iguazú-Flusses.
Dann öffnet sich mittendrin ein Loch, wie der Abfluss einer Badewanne.

Auf allen Seiten stürzen enorme Wassermengen hinunter und bilden ein beeindruckendes Naturspektakel.

Der Teufelsschlund ist unglaublich beeindruckend, da die Aussichtsplattform sehr nahe an den Fällen liegt.

Beim ersten Besuch waren wir eingequetscht zwischen Massen an Touristen (fast alles Argentinier und Brasilianer, sehr wenig ausländische Touristen) und das Licht war Mittags nicht so toll. Da wir sowieso für eine Wanderung nochmals in den Park fuhren, besuchten wir den Teufelschlund ein zweites Mal am späten Nachmittag.

Mit viel weniger Leuten und tollem Licht musste David die Parkwärter ablenken, damit Tom bis zur letztmöglichen Sekunde Fotos und Videos machen konnte. Die Wasserfälle bieten wirklich ein einmaliges Schauspiel und zeigt die Wucht und Kraft der Natur und waren absolut die Reise wert.

Wanderung durch den argentinischen Dschungel.
Abendstimmung in Puerto Iguazú.
Einmal bestellten wir uns eine Provoleta, gegrillten Käse. Wir staunten dann nicht schlecht, als uns ein Pfännchen Raclette ohne Kartoffeln serviert wurde, was erstaunlich gut schmeckte.

Das liebe und komplizierte Geld

Damit dieser Reisebericht nicht nur aus Wasserfällen besteht, noch ein kleiner Ausflug in die komplizierte Welt der argentinischen Wirtschaft und deren Einfluss auf unsere Reisefinanzen. Für uns ein sehr spannendes Thema, aber als Vorwarnung: es folgen längere Erklärungen, aber weniger Reiseerzählungen und Fotos.

Argentinien hat seit dem zweiten Weltkrieg einige Wirtschaftskrisen und auch Staatsbankrotte durchgemacht und befindet sich, verstärkt durch die Coronakrise, aktuell wieder in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Situation.
Das Land hat auch eine lange Tradition von hoher Inflation, mehrmals wurden neue „Pesos“ eingeführt, jeweils mit ein paar Nullen weniger. Aktuell liegt die Inflationsrate bei offiziell 50% pro Jahr. Der aktuelle Pesos ist in den 90er Jahren mit 1:1 zum US-Dollar gestartet, bei Toms Besuch 2013 waren es bereits 5 bzw. 8 Pesos für einen USD und jetzt sind es schon 107 bzw. 210 Pesos für einen USD.

Zwei Wechselkurse?

In dem Beispiel oben sind jeweils zwei unterschiedliche Wechselkurse erwähnt, weil es einen offiziellen (niedrigeren) und einen inoffiziellen (höheren) Kurs gibt, den sogenannten „Blauen Wechselkurs“. Die Argentinier haben absolut kein Vertrauen in ihre Währung oder Geldpolitik und wollen händeringend ausländische, harte Währungen in bar als sichere Geldanlage kaufen. Es wird angenommen, dass fast 20% des gesamten US-Dollar-Bargelds in Argentinien ist.

Offiziell dürfen die Argentinier aber pro Monat nur Pesos im Gegenwert von100 USD wechseln, weshalb ein riesiger Schwarzmarkt für Geldwechsel entstanden ist. Kurz gesagt wollen die Argentinier unbedingt ausländische Währungen, weshalb sie bereit sind, diese zu einem viel schlechteren Kurs zu kaufen. Umgekehrt müssen die Geldwechsler über Touristen und andere Kanäle an die ausländische Währung kommen und sind dann auch bereit diesen (für Ausländer) besseren Kurs weiterzugeben.

Da der Unterschied zwischen den Wechselkursen fast 100% beträgt, war für uns auch klar, dass wir davon profitieren und den Grossteil unseres Aufenthaltes fast 50% günstiger machen wollten. Eigentlich wird empfohlen möglichst viele grosse Dollarnoten mitzunehmen und vor Ort zu wechseln. Da wir aber in Kolumbien waren, hätten wir zuerst in kolumbianische Pesos und dann in Dollar wechseln müssen und noch blöder, immer eine grosse Menge Bargeld (für ein Monat Reisekosten) bei uns tragen.

Zum Glück haben wir als Alternative den Finanzdienstleister Western Union gefunden, der bei Überweisungen auch den „Blauen Wechselkurs“ verwendet. So haben wir uns selbst Geld von unseren europäischen Konten über Western Union geschickt, das wir dann an einem Schalter in bar abholen konnten. In der Praxis war es aber auch etwas umständlich, da nicht überall Schalter sind bzw. oft bei Schaltern das Geld ausgegangen ist und sie nichts mehr auszahlen können. Deshalb waren wir immer froh, wenn wir grössere Schalter gefunden haben und haben diese dann öfters genutzt. Das ganze erforderte mehr Planung, da nicht einfach die Kreditkarte gezückt werden konnte, oder ein Bankomat ums Eck war.

So viel Bargeld…

Der grösste argentinische Geldschein ist der 1’000-Pesos-Schein, was ca. 4 bzw. 8 Euro entspricht (je nach Wechselkurs). Entsprechend riesig waren die Geldstapel, die wir ausbezahlt bekamen. Einmal gab es nur 200-Pesos-Scheine, so das wir für 500 Euro über 600 200-Pesos-Scheine (120´000 Pesos) bekamen. Die Scheine nutzten wir dann aber für die Bezahlung von Hotels, wo wir auf einmal mehr los werden konnten.

100’000 Pesos in 500 200er-Noten, ca. 400 oder 800 Euro

Die komplette Umstellung auf Bargeld (bei Kreditkarten wird ja immer der offizielle Kurs verwendet) hat aber noch mehr Tücken: Wir konnten fast nichts online buchen, weil immer eine Bezahlung erforderlich ist. Bei Hotelbuchungsportalen gibt es zum Glück Filter um Vorauszahlung auszuschliessen. Aber für Inlandsflüge, Mietautos, Touren, Eintritte mussten wir immer zuerst fragen, ob Barzahlung möglich ist oder Umwege über Reisebüros machen.

So mühsam es sich anhört, für uns sind es kleine Probleme, aber für Argentinier ist es tägliche, bittere Realität. Die hohe Inflation frisst jedes Ersparte auf, Kredite sind eigentlich nicht zu bekommen und auch Aussenhandel und ausländische Investitionen sind stark erschwert. Überall werden laufend die Preise nach oben angepasst, aber die Löhne halten nur zögerlich mit. Armut breitet sich immer mehr aus, die eigentlich gute Infrastruktur und der Lebensstandard fallen immer mehr hinter andere Länder zurück.

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