If you’re going to San Francisco…

I can walk down the streets of San Francisco, and here I´m normal.

Robin Williams

Wieder ohne Campervan fühlten wir uns zum Abschluss in San Francisco sehr wohl. Das Wetter war uns wohlgesinnt und so erkundeten wir zu Fuss die vielen Attraktionen: Die vielen alten, viktorianischen Häuser, die steilen Strassen, moderne Hochhäuser und wieder ein richtiges Stadtgefühl mit einladender Atmosphäre.

Ein historisches Streetcar auf der Market Street im Castro.

San Francisco ist mit knapp 900’000 Einwohnern eine der dicht-besiedelsten Städte der USA und mit dem über 4 Millionen Menschen grossen Metropol-Raum eines der wichtigsten Zentrum für Technologie, Finanz und Handel. Die Stadt liegt auf der San-Francisco-Halbinsel, links der Pazifik, recht die San-Francisco-Bucht und oben das Golden Gate (Goldens Tor), eine Meeresenge und Einfahrt zur Bucht. Dadurch bestehen nicht viele Erweiterungsmöglichkeiten und die Stadt ist im Gegensatz zu anderen Städten hier viel weniger weitläufig und besteht nicht aus Einfamilien-Häuser-Wüsten.

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Bekannt ist die Stadt für die 49 Hügel (heute nur mehr 48), die ihr ein ganz eigenes Flair verleihen. Bei der Stadtplanung hat man sich nicht um hügelige Landschaft gekümmert sondern einfach strikt nach rechteckigem Raster (Grid) gebaut, so dass einige Strassen wirklich extreme Steigungen ausweisen, die bei uns nicht die schlimmste Bergstrasse hat. Anderseits bieten sich auch immer wieder tolle Ausblicke die Strassen hinunter.

Ein Satellitenbild von San Francisco, auf welchem sich das Schachbrettmuster und die aufgrund der Lage beschränkten Platzverhältnisse gut erkennen lassen. Links oben die Golden Gate Bridge, rechts im Bild die Bay Bridge.
Steile Strassen: Die Anstrengung wurde aber jeweils mit tollen Ausblicken über die Stadt belohnt.
Blick auf die Lombard Street ganz oben, die für die in eine Gartenanlage gebauten Kurven berühmt ist.
Blick hinunter auf den Financial District mit seinen Wolkenkratzern und die Bay Bridge links im Bild.

Die Geschichte

Unser Hotel war mitten im touristischen Zentrum und nur ein Schritt aus der Tür konnten wir die Stadt in vollen Zügen erleben. Gleich am ersten Vormittag machten wir wieder eine obligate Free Walking Tour, wo wir einiges über die Geschichte aber auch viel über Chinatown erfuhren.

Die Stadt erfuhr einen extrem Boom unmittelbar nach den ersten Goldfunden 1849, da auch viele Schiffe hier ankamen. Anfangs noch für Gesetzlosigkeit bekannt (Wilder Westen), entwickelte sich die Stadt rasant, auch weil viele Leute durch den Goldrausch reich wurden und hier investierten. 1906 folgte mit dem Grossen Erdbeben eine Zäsur. Die Stadt liegt gleich neben der San-Andreas-Verwerfung, einer stark aktiven Erdbebenlinie zwischen der Pazifischen und der Nordamerikanischen Platte. Das Beben zerstörte viele Steingebäude in der Innenstadt, aber erst das anschliessende Feuer sorgte dafür, dass insgesamt drei Viertel aller Häuser unbewohnbar wurden. Die Stadt wurde aber rasch wieder aufgebaut und erlebte einen Modernisierungsschub. Unter anderem wurde der 49. Hügel abgetragen, um mehr Land in der Bucht zu gewinnen.

Im zweiten Weltkrieg wurden von hier der Grossteil der Truppen in den Pazifik verschifft. Bei der Rückkehr blieben aber viele Ex-Soldaten aus den ländlicheren Teilen der USA in der weltoffnen Stadt. Langsam transformierte sich die Stadt, Arbeiterfamilien zogen in die Vorstädte, die dank Auto besser angebunden waren, und politisch aktivere, linksstehende Personen zogen zu. San Francisco war dann auch Zentrum der Hippie-, Antikriegs- und Sommer-of-Love-Bewegung Ende der 60er-Jahre, genauso wie der Schwulenbewegung in den 70er-Jahren.

Blick durch die Strassenschluchten des Financial District mit der Bay Bridge im Hintergrund, die San Francisco mit Oakland verbindet.
Der Salesforce Tower wurde 2018 fertiggestellt und ist mit 326 m Höhe das mit Abstand höchste Gebäude San Franciscos. Über mehrere Strassenblocks wurde gleichzeitig ein vom Strassenniveau erhöhter Park gebaut, der zum Flanieren einlädt.

Fast wie China

Die Stadt hat auch immer noch einen Anteil von 33% asiatisch-stämmigen Personen, einen der höchsten des Landes. Ab 1850 zogen vor allem Chinesen zu, was aber (wie man es aus vielen anderen Ländern mit kulturell fremden Minderheiten kennt) von der weissen Mehrheitsbevölkerung nicht gewollt war. So entstand hier auch das erste Chinatown eigentlich als abgeriegelter Stadtteil, eine Art Ghettoisierung. Auch bundesstaatliche Gesetze wie der klar rassistische „Chinese Exclusion Act“ machten den Bewohnern und Neuankommenden das Leben schwer.

Nach dem Erdbeben sollte Chinatown eigentlich ganz aus der Stadt verschwinden. Die Chinesen dominierten aber die Arbeit im enorm wichtigen Hafen und konnten so das Schlimmstes verhindern. Sie durften nach zähen Verhandlungen im Zentrum bleiben, mussten das Viertel aber selbst wieder aufbauen. Den Unterschied zwischen den Strassen von Chinatown und dem Rest der Stadt merkt man heute auch noch deutlich: enger und etwas schäbiger. Die Chinesen engagierten aber amerikanische Architekten, die China nur aus Erzählungen kannten und so entstanden eigentlich amerikanische Häuser mit chinesischen Element wie Pagoden, Tierskulpturen und Lampions, die eigentlich nicht auf normalen chinesischen Häusern zu finden sind.

Chinatown zog dadurch aber viele Touristen an und so kopierten fast alle Chinatowns in nordamerikanischen Städten den architektonischen Stil und das Strassenbild, so dass heute alle sehr ähnlich aussehen.

Chinatown in San Francisco. Die taiwanesischen Flaggen, die nicht weit von chinesischen Fahnen wehen, sind Symbol der Offenheit und Toleranz in San Francisco.
Wir machten einen kurzen Halt in einer Glückskeks-Fabrik, wo die Kekse noch von Hand geformt werden und natürlich der Sinnspruch mit eingefaltet wird.
Die Transamerica Pyramid ist ein Wahrzeichen von San Francisco und war bis 2018 mit 260 m das höchste Gebäude von San Francisco.
Chinatown ist in der Nacht schön mit Lampions beleuchtet.

Wie schön kann Stadt sein

Bei unseren Spaziergängen entdecken wir wirklich viele tolle Gegenden mit netten Restaurants, Cafés und Bars.
Der öffentliche Verkehr ist hier gut ausgebaut und so sind merkbar weniger Autos unterwegs.

Besonders gut war das Gastroangebot in Little Italy, wo sich die italienischen Auswanderer niederliessen.
Auch ein bayrisches Restraunt fanden wir, wo es sehr gute Schnitzel gab.

In Little Italy trafen wir wieder Dave und Martina, die auch in San Francisco ihr Mietauto abgaben und dann nach New Orleans und Mexiko weiterreisten. In Klein-Italien durften Negroni und Aperol Spritz natürlich auch nicht fehlen – nach zwei Monaten ohne Cocktails sehr willkommen. Zum Abendessen gab es statt Pizza die „modernere“ Schwester Pinsa in einem stilvoll eingerichteten, alten Restaurant.

Apéro in Little Italy mit Martina und Dave.
Ein Spaziergang führte uns in den Golden Gate Park, wo wir vom Aussichtsplattform des de Young-Museums einen tollen Ausblick hatten.
Wir legten auch einen Stopp bei den „Painted Ladies“ ein, den berühmten viktorianischen Häusern beim Alamo-Park.
Auch ein Besuch eines Musicals durfte in San Francisco nicht fehlen. Wir waren vom Musical „Hadestown“ begeistert, tolle Sängerinnen und Sänger und mitreissende Musik.

Zu Fuss über die Golden Gate Brücke

Am Hafen gönnten wir uns eine einheimische Spezialität: Clam Chowder ist eine sämige Venusmuschelsuppe, die im hier typischen (und gehypten) Sauerteigbrot serviert wird. Wir waren überraschend angetan davon.

Ein leckerer Clam Chowder (Venusmuschelsuppe) im Sauerteigbrot serviert.

Zusammen mit Dave und Martina nahmen wir die Fähre nach Sausalito. Auf der anderen Seite des Golden Gates gelegen, ist dort angeblich immer besseres Wetter, da San Francisco sehr oft im Nebel liegt. Weil wir aber bis auf einen Morgen glücklicherweise immer Sonne hatten in San Francisco, fiel uns das gar nicht so auf. Im Gegenteil, wir hatten beim Mittagessen einen super Ausblick zurück auf die Stadt.

Blick von der Fähre auf das berühmte Ferry Building mit dem 75 m hohen Glockenturm. Danach fuhren wir an der ehemaligen Gefängnis-Insel Alcatraz vorbei nach Sausalito.

Zurück ging es dann doch recht weit zu Fuss über die Golden Gate Brücke. Wir hatten mehrere Schichten Kleidung dabei, da wir vor dem Wind gewarnt wurden. Aber T-Shirt genügte, nur als wir auf der San-Francisco-Seite angekommen sind, war eine Weste nötig.

Die Golden Gate Brücke wurde 1937 fertiggestellt und gilt als technische Meisterleistung. Sie war damals eine der grössten Brücken mit 230 m hohen Pfeilern und fast 2 km langen Fahrbahnen, die Erdbeben und Wind standhalten mussten.

Blick von Norden auf die total 2.7 km lange Golden Gate Brücke.
Bei der Eröffnung 1937 war sie die längste Hängebrücke der Welt mit einer Stützweite von 1’280 m. Die Brücke wird heute täglich von 120’000 Fahrzeugen befahren.

An diesem Abend verabschiedeten wir uns dann von Martina und Dave, ein nächstes Treffen wird es nun erst wieder in der Schweiz geben.

Die schwule Stadt

Wie oben erwähnt war und ist San Francisco ein Zentrum der Schwulenbewegung und hat auch noch heute einen Anteil von über 15% von nicht-hetero Personen. Der Castro ist dabei das schwule Zentrum der Stadt. Hier finden sich unzählige Restaurants, Bars und Läden und auch die Menschen auf der Strasse sind erkennbar Teil der „Familie“.

Unterwegs im Castro.

Auch hier genossen wir eine Free Walking Tour. Viel handelte von Harvey Milk, dem ersten offen schwulen Mann, der 1978 in ein hohes öffentliches Amt gewählt wurde. Er setzte sich lange für die Rechte der Unterdrückten ein, wurde aber schon nach 11 Monaten im Amt gemeinsam mit dem damaligen Bürgermeister erschossen.

Die City Hall, wo Harvey Milk und der damalige Bürgermeister George Moscone 1978 erschossen wurden.
Ein Graffiti von Harvey Milk im Castro.

Ihm verdanken wir auch die Regenbogenfahne, da er ein freudiges Symbol für die Bewegung wollte, dass das damals noch verwendete pinke Dreieck ersetzte. Heute ist die Fahne in ganz San Francisco omnipräsent, da Juni Pride-Monat ist, wo dann auch die grosse Parade stattfindet. Die Fahne wurde aber auch weiterentwickelt, um inklusiver für Lesben, Transgender und andere alternative Identitäten zu sein.

Ein passender Abschluss

Die Stadt bot uns zum Schluss unserer USA-Reise wirklich einiges. Wir genossen das Stadtleben in vollen Zügen und auch dass San Francisco die unamerikanischste Stadt der USA ist. Wir blicken aber mit grosser Dankbarkeit auf die unglaubliche Natur in diesem Land zurück. Von einem eindrucksvollen Nationalpark zum nächsten, hier ist die Dichte an spektakulärer Naturschätzen unglaublich hoch. Auch die Zeit im Camper konnten wir voll ausnutzen, unsere selbstgekochten, aufwändigen Frühstücke, Apéros und Abendessen werden uns fehlen. Jetzt blicken wir aber mit sehr grosser Vorfreude auf unsere nächste Destination Südostasien, mit tropischer Wärme und einer ganz anderen Kultur und Küche.

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